Klettersteige
in den Julischen Alpen

12.-16. September 2004

Von Roland Marx

Koca na Gozdu am Vrsic-Paß
 

Aufstieg zur Kleinen Mojstrovka

Anfahrt zur „Koca na Gozdu"

Wir starteten mit zwei Autos á 4 Personen in Erding am Sonntagmorgen um 7 Uhr. Die Fahrt durch Deutschland, Österreich und Slowenien dauerte etwa 4 Stunden und wurde nicht zuletzt durch den Wurzen(s)pass (18% Steigung auf 4 km) abwechslungsreich und erholsam für den müden Beifahrer. Bei teils rasanten Auf- und Abfahrten mit den PKW sollte man, je nach Fahrer, den Druckausgleich niemals vergessen. Angekommen auf der Hütte (Koca na Gozdu, „die Hütte im Wald") in 1226 Meter Höhe, wurden rasch die Zimmer bezogen, gegessen und auf die zwei fehlenden Teilnehmer gewartet, die eine andere Anreise geplant hatten. Die Hütte, auf der zur Zeit nur wir waren, bot genug Platz für ca. 30 bis 50 Personen. Das Essen war immer reichlich und schmackhaft und für ca. 18 EUR mit Halbpension nicht zu teuer. All unsere Touren begannen mit einer Auffahrt der Passstraße zu einem Parkplatz in 1600m Höhe. Von hier aus boten sich viele Einstiege in die Berge der Region an.

Sonntag – Die Kleine Mojstrovka, 2332m

Der Tag der Anreise und der ersten Besteigung eines Berges in den Julischen Alpen war laut Hans in der Abendrunde „sehr schön". Diese Ansicht teilten nicht alle Mitglieder unserer 10-köpfigen Truppe. Wir bestiegen die Kleine (und nasse) Mojstrovka und wurden von leichtem Regen und starkem Nebel empfangen, der unsere Sicht auf 20 Meter beschränkte. Die Tour verlief wider Erwarten trotzdem gut! Wir gingen von 13:30 bis ca. 17:30. Alle hatten sich dem Wetter angepasst und die gute Laune blieb. Nach dem mittelschweren und vermutlich landschaftlich schönen Klettersteig standen wir auf dem Gipfel.

Gipfelregen auf der nassen Mojstrovka

Durch Latschen latschen

Diese, meine erste Gipfelerfahrung, war wohl nicht das, was einen nochmals auf so einen Berg führt ... Doch wir waren froh und stolz, den ersten Berg geschafft zu haben. Der Abstieg verlief über Geröll und am Fuße über große Kieshänge, welche wir zum „Abfahren" nutzen konnten. Leider haben wir eine Ausfahrt nicht entdeckt und mussten so 15 Minuten durch einen kleinen Latschenwald latschen. Und wir waren nicht die Einzigen, die diesen Fehler machten. Die folgenden Tage sahen wir einige, die ebenfalls den abenteuerlichen Weg einschlugen.

Am Ende dieses Tages hatten wir 724 Höhenmeter auf dem Höhenmesser und ein opulentes Mahl in der Hütte zu uns genommen. Wir wurden mit Salat, Nudelsuppe, Schnitzel, Spaghetti und Pfannkuchen abgespeist. Die reichlichen Portionen schmeckten allen sehr gut.

Schmeckt's? Schmeckt.

Auf dem Weg zum Hinteren Fenster

Montag - Die erste Erkundung des Prisojnik

Dieser Tag begann schon deutlich schöner. Nachdem wir um 8 Uhr vom Frühstück gestärkt schon auf dem Weg zum Pass waren, begannen wir auch gleich den Aufstieg zu einer Rundtour durch das hintere Fenster des Prisojnik. Die Leitung fand dabei ganz neue Varianten ihres vorher geplanten Tourverlaufs, die sowohl abwechslungsreich wie auch verwirrend waren. Aber alles klappte trotzdem. Der Gipfel wurde an diesem Tag ausgelassen, da er noch am folgenden Tag vom Nordwandsteig her begangen werden sollte. Um die Gipfelaussicht war es nicht schade, denn sie wurde sowieso von hohen Wolken behindert.

Wir steigerten unsere Tourlänge auf 1105,4 Höhenmeter und gingen diese in etwa 8 Stunden, von ca 8:30 Uhr bis 16:40. Diesen Abend wurden Weine und das besondere slowenische Bier („Zlatorog", der Steinbock) sowie Radler verkostet, nachdem mit dem wieder reichhaltigen Abendessen eine wohlschmeckende Grundlage geschaffen war. Es gab eine Gerstelsuppe, Sauerkraut, Bratwurst, Semmelknödel und als Abschluss Kuchen. Dies entschädigte für den sehr „interessanten" Morgenkaffee.

Michl im Hinteren Fenster

Abstieg nach dem Hinteren Fenster

Besonderheiten dieses Tages waren die zahlreichen Edelweiße und Tiere am Wegesrand, der leckere Kuchen von Birgit und der „Hermann" von Anja, die nachmittags dem Gaumen schmeichelten. Beim rückwärtigen Absteigen des Klettersteiges stellte sich die Wichtigkeit des Berghelms unter Beweis, denn Marcel hätte den Steinschlag eines losgetretenen Kiesel, der mittig auf seinem Helm einschlug, wohl nicht ohne Blessuren überstanden.

Dienstag – Prisojnik: der „Weg durch das Fenster"

An einem wunderschönen Dienstagmorgen gegen 8 Uhr zogen wir wieder die Passstraße im PKW hoch. Das erste Stück des Anstiegs war uns vom Vortag noch im Kopf und wir wussten, was uns auf den ersten Metern erwartete. Doch dann kamen durchweg sehr schöne und abwechslungsreiche Passagen. Ob auf sehr schmalen Pfaden oder nur auf Metalltritten den Berg entlang, senkrecht den Fels hinauf, oder auf der Seite kriechend durch einen Spalt robben, war nicht leicht, strengte jeden von uns an, gefiel aber um so mehr. Ein Höhepunkt war der Weg durch das riesige Felsenfenster, welches uns mit Wind und leichter Bewölkung empfing.

Die Route zum Voderen Fenster

Im Kriechband

Sogleich ging es weiter dem zweiten Höhepunkt, dem Gipfel, entgegen. Auf dem schmalen Kamm bei stürmischem Wind wurde so manchem etwas anders zumute, doch die Entscheidung hinaufzusteigen war sicherlich richtig. Wir erreichten den Gipfel um 12:10 Uhr. Gegen 15 Uhr wieder an der Hütte, lagen 1130 Höhenmeter und damit unsere härteste und schönste Tour hinter uns. Diesen Abend schmeckten wieder einmal ein Salat und Suppe als Vorspeise, „Lasagnepfannkuchen", Bratkartoffeln und Gemüse als Hauptgericht besonders gut.

Einige Besonderheiten müssen an dieser Stelle aber noch erwähnt werden:

  • Zwei aus unserer Truppe wollten nicht so recht den Berg besteigen und haben deswegen ein wenig Land, Leute und nette „Abschleppdienste" kennengelernt.

  • Die Tour ist (zum ersten Mal) „planmäßig" verlaufen; Dank Michi und Hans

  • Und was wir alle nicht vergessen dürfen: Hans hat in der Nacht eine frohe Botschaft verkündet. Sinngemäß: „Es gibt Freibier für euch alle" - was das wohl bedeuten soll? (Diese Aussage wird vom Tourenleiter vehement bestritten. - Anm. d. Tourenleiters)

Am Vorderen Fenster

"Tschewapp-tschi-tschi"

Mittwoch - Die Zwangspause

Hier war erstmals Ausschlafen angesagt. Es gab erst um 8 Uhr Frühstück, nicht um 7 Uhr wie gewöhnlich. Das Wetter hielt, was es den Tag zuvor versprach: Es war nass und kalt, regnete ausgiebig und stark und war bewölkt. Wirklich perfekt, um seine Ressourcen aufzufüllen und einen schönen Tag auf der Hütte und im Nahe gelegenen Kranjska Gora zu verbringen. So führten uns unsere Mägen in eine Gaststätte. Hier verwarfen alle (außer einem) ihre Wünsche aus der Karte, als sie erfuhren, dass es auch „Tschewapp-tschi-schi" (schreibt man in Slowenien a bisserl anders) gab.

Anschließend ging es in den Sport- und Lebensmittelmarkt in Kranjska Gora, wo jeder versuchte etwas Schönes zu finden (vergeblich). So ganz ohne Bewegung sollte dieser Tag jedoch nicht enden. So machten wir eine kleine Regenwanderung um einen kleinen See, nachdem wir uns mit leckerem italienischen Cappucino, Espresso und auch zähflüssigster heißer Schokolade gestärkt hatten.

Am Oberen Weißenfelser See

Ausstieg aus dem Vorderen Fenster

Donnerstag - Die Rückfahrt

Die Rückfahrt begann, wie auch nicht anders zu erwarten, mit tropfnasser Untermalung. Trotzdem war es schade, so früh zu fahren, und den ein oder anderen Berg nicht mehr zu bezwingen. Die Fahrt führte an eine Raststätte, wo noch einmal kurz Abschied bei Kaffee und Kuchen genommen wurde. Auch ein zünftiges Weisswurstessen mit Weißbier, süßem Senf und Brezn wurde mir zum Abschluss noch zuteil ...

Rückblick

Die gesamte Unternehmung hat mir, und ich bin mir sicher auch den anderen, sehr gefallen. Auch trotz des nicht idealen Wetters. Für mich war es eine besondere, weil auch zugleich meine erste Bergtour. Nach dem ersten Tag, von schlechtem Wetter und Knieschmerzen geplagt, wäre ich wohl nie wieder auf einen Berg gestiegen. Da mir die anderen gute Vorbilder waren, Mut gaben und das Wetter sich dann doch noch verbesserte, ging es für mich Gott sei Dank mit viel Spaß weiter! Es war eine sehr schöne Erfahrung, die ich hoffentlich noch öfter, auch auf anderen Bergen, machen werde.

... und Edelweiß gab's haufenweise
   

Mit dabei waren:

Marcel Böhm, Peter Gebel, Monika Hofer, Roland Marx, Anja Preiß, Erich Schulze, Astrid Weber, Birgit Welnhofer

Tourenleitung: Hans Sterr, Michael Kreuz

Der Prisojnik im Morgenlicht