Dufour-Spitze (rechts) und Nordend, gesehen vom Gornergletscher

Dufour-Spitze, 4634m

Der höchste schweizer Berg

Von Hans Sterr

Es geht gleich gleich grauslig los: Wecken um 01.30 Uhr; da soll einem das Frühstück schmecken ... Wir gehen als eine der ersten Seilschaften los. Sehr angenehm ist, daß Vollmond herrscht: Das erleichtert die Orientierung, zunächst bei der Wegfindung durch die Unteren und Oberen Plattjen, und dann insbesondere durch die sich gleich anschließende, wild zerrissene Bruchzone. Wie man da den Weg bei zB. Neumond, nur mit der Stirnlampe, findet, ist mir ein Rätsel. Aber wenn man muss: Irgendwie geht's ja immer ...

Erstes Morgenlicht auf Breithorn und Matterhorn
Vom Sattel aus sieht man den gesamten Weg über den Grat Nach der Überwindung des Eisbruchs folgt ein ewig langer "Hatscher" über den Gletscher (der spaltengefährlich bleibt) bis zum Sattel, der durch einen Bergschrund vom Gletscher getrennt wird; bei uns ohne Schwierigkeiten zu überwinden. Danach folgen die eigentlichen Schwierigkeiten des Aufstiegs: Auf 4300m beginnt der Grat, zunächst als Firn, dann in Felsen übergehend, die z.T. recht ausgesetzt zu überwinden sind (technisch etwa I+). Die Hauptschwierigkeit ist, sich an das ungesicherte Klettern mit Steigeisen zu gewöhnen.

Man steigt dann wieder etwas ab, um auf den folgenden, nun deutlich steiler (bis 40 Grad) und schmaler (aber kaum ausgesetzten) werdenden Firngrat zu gelangen. Der Anstieg ist nun wg. der Höhenluft schon eine rechte Schinderei, was wir aber bei dem oberbärigen Wetter (fast) vergessen ...

Sehr steil ist der zweite Firnaufschwung
Blick vom Gipfel; in der Tiefe Grenz- und Gornergletscher Abschließend geht es auf den Gipfelgrat mit Kletterei bis II; der Grat wird sehr schmal, es geht ein bißchen auf und ab. Eine vereiste Rinne erfordert nun auch von uns das Sichern am Seil; ich steige voraus und hole die anderen nach. Alles ist wunderbar bis 50m vor dem Gipfel.

Nun steigt Georg voraus, und er erweist sich als zu kulant: Zum Gipfel kommt man nur durch die Schlüsselstelle des Grates, den schmalen Kamin (III-). Da hier immer nur einer klettern kann und vom Gipfel Gegenverkehr kommt, dauert es und dauert; anstatt sich durchzusetzen, läßt der Georg den anderen vornehm den Vortritt ... was ihn ehrt, uns aber leider sehr viel Zeit kostet.

Schlüssel- und Engstelle Gipfelkamin
Gipfelkreuz mit Blick zur Capanna Margherita Am Gipfel hat man dann einen herrlichen Blick auf die Berge ringsum; schließlich sind die alle niedriger ... Das Gipfelkreuz tritt den Beweis an, daß Religion und Kitsch manchmal nicht weit auseinanderliegen. Im Blickfeld liegt auch die höchstgelegene Schutzhütte der Alpen, die Capanna Margherita auf der Signalkuppe. Da gäb's viele Viertausender "zunm Mitnehmen" ...

Am Gipfel halten wir uns dann nur sehr kurz auf, geraten aber trotzdem auch beim Rückweg wieder in den Stau; der Grat ist halt sehr schmal ... Beim Erreichen des Sattels haben wir die Schwierigkeiten hinter uns und können aufatmen; auch weil entgegen der fortgeschrittenen Zeit die Spaltenbrücken noch recht gut halten. Nach Verlassen des Gletschers legen wir noch eine längere Pause ein und aalen uns in der Sonne, bevor wir über die Plattjen wieder der Hütte zu steigen.

Eisbruch am Monte-Rosa-Gletscher

Hans Sterr, 23. August 1998